GRUNDIG NF2 Stereo Endstufe

      Hallo Hans,

      aus Dienen Ausührungen kann man die Rangfolge und Bedeutung der einzelnen Ziele in der Entwicklung gut erkennen.
      Für den Service und auch den Konsumenten ist die Entwicklung eine Black Box, von der man nur das fertige Ergebnis sieht. Daher sind Hintergrundinformationen wie die in Post 058 so aufschlussrech und interessant.

      Bezogen auf ein bestimmtes Produkt geht es zuerst einmal darum, ein Gerät zu entwickeln, das am Markt ankommt, das den Konsumenten überzeugt und das eine möglichst hohe Leistung erbringt.
      Dann gilt es, mögliche Schäden bei Bauteilausfällen oder Fehlbedienung zu verhindern oder wenigstens minimal zu halten. Rückrufaktionen oder schlechte Presse wegen Personen- oder Sachschäden sind der Supergau für eine Marke.

      Dann soll natürlich eine gewisse Servicefreundlichkeit gewährleistet sein.

      Aber eines wird ganz klar: Man entwickelt ein Produkt der Unterhaltungselektronik nicht primär mit dem Ziel, dass es nie in die Werkstatt muss bzw. dass keine Bauteile im Laufe der Lebenszeit ausfallen!

      Der Ersatz defekter Bauteile und Röhren, die ja eigentlich Verschleissteile sind ist völlig normal und unvermeidlich. Dafür waren damals auch alle Röhren habndelsüblich und überall verfügbar. Die Ersatzteilversorgung gerade bei GRUNDIG war vorbildlich und die Preise absolut fair.

      All das vor Augen ist es eigentlich ziemlich vermessen und frech, sich heute hinter ein geöffnetes Gerät von 1950-1970 zu setzen, das den ein- oder anderen Fehler hat und zu sagen, schaut mal, was DIE damals gemacht haben.

      Genau - vieles davon ist unvermeidbar gewesen, anderes musste in Kauf genommen werden, um andere Probleme zu verhindern und wieder anderes ließ sich bei gegebenem Budget einfach nicht besser realisieren, den Markt konnte man nicht ignorieren.

      Psychologisch gesehen ist das Granteln des Servicetechnikers immer auch ein Wenig die harmlose "Rache" für tage- und nächtelange Fehleruchen und verbaute Details ;)
      Man kann aber meist ganz beruhigt sein, er hätte es selbst auch nicht besser machen können!

      Was GRUNDIG angeht, habe ich es ja schon oft betont: GRUNDIG Geräte hatten relativ häufig Defekte - aber immer harmlos.
      Sie hatten 3 x einen Schnupfen, wo andere 1 x einen Herzstillstand oder Organversagen hatten.

      Da muss ich nicht lange überlegen, was mir lieber ist :)
      Achim
      Hallo Achim.

      Sehr schoen und auch angenehm und die nakte Wahrheit.

      Mit der Serie fine Arts und H. Dr. Schwäbe durften die Entwickler nach seinen Worten "zeigen was sie können"

      Leider ist das spaeter ein klein wenig abgeflaut.

      Ich habe aus dem GRUNDIG Forum einen T305 gekauft, dessen Grundsubstanz noch nach mir ausschaut. Muss aber sagen die Kollegen in Portugal konnten auch Radios entwickeln. Daher lache ich immer vor mich hin, wenn in Foren, auch auf der Alpe, gefragt wird. wo ist der gebaut, wo designet fragt eh`schon keiner, weil er es nicht versteht!
      Gruss hans
      Hallo Hans,

      nach allem, was ich gesehen habe, war mit der Verlagerung der Produktion nach Portugal keinerlei Qualitätsverfall verbunden. Die dort produzierten Platinen könnten ebenso in D gefertigt worden sein. Andere lernen auch dazu - zuerst in der Fertigung, dann in der Entwicklung.

      Zum Design gibt es gerade eine Parallele bei den Herstellern von PC/Serverhardware (speziell Mainboards). Die führenden Hersteller des Enterprise Segments haben teilweise in den USA angefangen, dort entwickelt und produziert. Dann wurden manche verkauft und die Produktion ging nach Taiwan, während das Design in den USA blieb. Wenige Jahre später folgte das Design nach Taiwan, wo nun designt und gefertigt wurde - auf höchstem Niveau.
      Mittlerweile ist bei den meisten Anbietern die Produktion nach China gewandert, das Design in Taiwan geblieben.
      All dem liegen natürlich Kostenaspekte zugrunde, aber es zeigt, wie bei geschickter Vorgehensweise, Organisation und Kontrolle das Qualitätsniveau gehalten werden kann.

      Von daher war die Grundig-Strategie, die Produktion und auch teilweise die Entwicklung zu verlagern, sicher nicht die Ursache für das spätere Ausscheiden aus dem Markt.
      Achim
      nightbear postete

      Was GRUNDIG angeht, habe ich es ja schon oft betont: GRUNDIG Geräte hatten relativ häufig Defekte - aber immer harmlos.
      Sie hatten 3 x einen Schnupfen, wo andere 1 x einen Herzstillstand oder Organversagen hatten.

      Da muss ich nicht lange überlegen, was mir lieber ist :)
      Moin,
      dazu kommt, dass man bei Grundig auch lange Zeit an die Servicetechniker gedacht hat. Hinweise darauf finden sich mehrfach in den TI, z.B. im Bericht zum Grossraumchassis in der TI2/59: Dort schrieben Bodo/Fischelmeyer: "Alles in allem: Ein Geraetechassis, mustergueltig in der Schaltung und ebenso im Aufbau. Eine Freude fuer jeden Servicetechniker."

      Ich habe gerade mal beim "Hartmannsdorfer Hasenstall", dem Rossini G6010 nachgesehen. Dieses Geraet hat fuer jede seiner vier EL95 einen Katodenwiderstand mit parallelem Elko. Auffaellig ist hier der Wert von Rk mit 470 Ohm, dazu 100µ parallel. Der Verstaerker wird mit relativ hoher Spannung betrieben, im TA-Betrieb mit knapp 280V Anodenspannung, Ug2 266V. Anodenstrom dabei 20,4mA, Ik =24mA. Im Rundfunkbetrieb liegt der Katodenstrom niedriger , 20mA (AM) und 18,3mA bei FM.

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      Peter

      Achim, gibt es schon weitere Lebensaeusserungen vom NF2?
      Hallo Peter,

      GRUNDIG-Geräte waren (und sind) die Lieblinge der Servicetechniker.
      Angefangen beim Schaltbild, das farbig(!) gedruckt in jedem TV steckte, über das vorbildliche Ersatzteilwesen, die technischen Dokumentationen, die Ansprechpartner im hauseigenen Service in den Niederlassungen über den servicefreundlichen konstruktiven Aufbau bis hin zu den (von wenigen Ausnahmen abgesehen) gutmütigen und geistig mit vertretbarem Aufwand durchdringbaren Schaltungen waren die Geräte immer ein gerngesehener Gast in der Werkstatt.

      Das hat sich für GRUNDIG in allen Fällen, wo der lokale Fernsehtechniker auch Geschäftsinhaber und somit Verkäufer war, auch ausgezahlt, ebenso wurden die Geräte auch vom Techniker im Aussendienst bei Reparaturen vor Ort beim Kunden oft gelobt.
      Jeder hat GRUNDIG Fernseher gerne gekauft und auch gerne repariert.
      Vielen Kunden hätte man auch mit viel Zureden keine andere Marke verkaufen können, die Bindung war sehr stark.
      Schade schade, dass spätestens ab dem Philips-Einstieg so ein Sinkflug einsetzte...
      In den Geschichtbüchern ist und bleibt GRUNDIG jedenfalls D E R Deutsche Hersteller für Unterhaltungselektronik.

      Zum NF2 - am Dienstag kommen die 10MOhm 1 Watt Metallfilmwiderstände, sonst fehlt nichts mehr. Dann kann ich einen ausgiebigen Probelauf und Hörtest mit angebrachter Bodenplatte machen und berichten.
      Achim
      Hallo GRUNDIG Fans,

      heute wurde der Hardwareteil abgeschlossen. Der Einwegselengleichrichter ist geblieben, seine Ausfallwahrscheinlichkeit ist im Zweifel nicht höher als die einer Siliziumdiode und so ist das genaue Verhalten der -UG1 gewährleistet, wie es vorgesehen ist.



      Dann gab es noch einen endgültigen 10 Ohm Widerstand in der Anodenspannungsversorgung. Der axiale runde grüne Drahtwiderstand eines Englischen Herstellers ist von der Länge her genau richtig, damit er später nicht infolge zu langer Anschlussdrähte verrutscht und er passt gut zu den anderen Drahtwiderständen.



      Auf dem folgenden Übersichtsbild der gesamten Elektronik sieht man auch die neuen 10 MOhm Widerstände an den G1 der ECC83, ein Metallfilmwiderstand mit 1W.



      So weit bin ich mit der Elektronik jetzt zufrieden. Die Lötstellen mit blauem Lack sind mittlerweile in der Minderheit ;)
      Achim
      Force of habit! ;)

      Aber ganz davon abgesehen nehme ich an, dass bei einem ziemlich geschossenen Metallgehäuse das mit der Außenluft in Kontakt stehende Gehäuseblech kühler ist als die Luft im Gehäuseinneren.
      Die Röhren, die das Chassis anwärmen liegen ja am anderen Ende.

      Nicht dass sich Angst um die Halbleiterübergänge der Brücke hätte...
      Achim
      So, die Bodenplatte ist wieder montiert, die Röhren bestückt und ein Probebetrieb von einigen Stunden verlief ohne Probleme.



      Es lagen 7 EL84 bei. Eine Kontrolle der Kathodenspannungen, um eine Aussage zum Zustand der einzelnen Röhren möglich zu machen, ergab
      im linken Kanal 1,45V und 1,54V (die dürfen drin bleiben)
      im rechtern Kanal 1,72V und bei den 4 verfügbaren Röhren zwischen 0,9 und 1,13V. Die 1,13er ist dann vorerst dringeblieben, ein Ersatz dieser Position durch ein wenig benutztes Exemplar aber angeraten.

      Sehr angenehm ist, beim wilden Wechsel der Röhren mit ihren unterschiedlichen Emissionen und Wiedereinschalten mit einer kalten und 3 warmen Röhren kommt es nie zu Brummeffekten. Alles sehr entspannt, stabil und gutmütig.
      Achim
      Hallo zusammen,
      endlich habe ich es geschafft, meinen in Post 029 erwähnten NF2 mal zu öffnen und möchte hier das Bild des "Fundzustandes" zeigen:



      Es da Gutes und Schlechtes zu sehen: die Koppelkondensatoren sind schon neuerer Bauart, Erofol 1. Offenbar habe ich ein neueres Exemplar erwischt, wo keine ERO 100 mehr verbaut wurden. Allerdings sind auch nirgendas mehr Farbtupfer an den Lötpunkten zu sehen. Hier hatte Grundig offenbar gespart... Aber der Verstärker ist auch verbastelt: an der Eingangsbuchse sind kleine Platinen mit 2 BC 108A je Kanal als zusätzliche Vorverstärker geschaltet, wobei die Versorgungsspannung aus der Anodenspannung gewonnen wurde (zusätzlicher Widerstandspack und Elko 100 µF). Ich frage mich: warum so etwas? So unempfindlich ist der NF2 doch nicht, zumal er an dem passenden NF 10 Vorverstärker/Tuner betrieben wurde. Dann waren alle 4 100 µF Elkos an den Kathoden der Endröhren entfernt worden. Was mag hier der Zweck gewesen sein?

      Egal, ich wollte auf jeden Fall den Werkszustand wieder herstellen. Also, das zusätzliche Zeugs rausgelötet. Dann die Kathodenelkos eingebaut und die Elkos der Vorstufe erneuert.
      Die Netzteilelkos waren schon mal getauscht worden (Gute Siemens-Typen!) und da kein Brumm zu hören war blieben die drin. Die Gleichrichter habe ich ich auch dringelassen, da beide nur leicht handwarm wurden. Dann noch die Primäranschlüsse der Trafos isoliert und die Betriebsspannungen gemessen. Da wir hier im Netz 238V haben, wurde die 240V Betriebsspannung eingestellt am Trafo. Damit werden die Sollspannungen nur knapp verfehlt aber die Lebensdauer der Komponenten sollte davon profitieren.
      Nach Überarbeitung:



      Zum Schluss habe ich noch die doch ziemlich verbrauchten Endröhren durch fast neuwertige Exemplare ersetzt. Schnell greifbar waren 2 von Valvo und 2 von Lorenz aus deutscher Produktion.
      Das Ergebnis ist für mich klanglich sehr überzeugend. Habe den Verstärker unmittlber mit dem CD-Spieler mit Pegelsteller verkabelt und ich bin wirklich positiv überrascht über die Qualität der Wiedergabe. Ich kann jetzt auch die Preisentwicklung bei den NF2 nachvollziehen... Der kleine Verstärker macht einfach Spaß!
      Werd mir jetzt mal Amy Winehouse mit dem Teil "reinziehen"

      Grüße
      cabrio
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