RCA Transistoren und Reparatur Harman Citation 12

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      Nun ja,
      durch die bei diesem Exemplar nötigen zusätzlichen Kerkos zur Stabilisierung (hauptsächlich C5 = 370 pF) dürften die TIM Verzerrungen aber bestimmt ca. 3 x so groß sein wie im Original- Auslieferungszustand. Es sind hier ca. 1 % bei 40 W / 8 Ohm (gemessen).

      Das ist das Tückische an ihnen; man sieht sie weder bei THD-Messung noch bei Messung der statischen Intermodulationsverzerrungen, auch nicht im Frequenzgang und auch nicht am Rechtecksignal. Die Messung benötigt das gleichzeitige Zusammenwirkung eines steilen Rechtecksignals (3,15 kHz) mit einem 15 kHz Sinus im Amplituden-Verhältnis 4:1. Weil die Messung früher vergleichsweise kompliziert durchzuführen war, hat man sie gerne vermieden. Heute ist es einfach, ich muss in ARTA nur 1 x dafür mit der Maus klicken.

      Im Hörtest ist TIM ab ca. 0,5 % erkennbar, sehr musikalische Hörer vielleicht schon ab 0,2 %.

      Gruß
      Reinhard

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      kugel-balu schrieb:

      wie viel hiervon ist ggf. durch die quasikomplementäre Bauweise verursacht ?


      Nicht viel, denke ich.
      Z.B. Saba Receiver 8120 hat nur 0,11 % TIM bei 30 W an 4 Ohm. Ist eine quasikomplementäre Endstufe mit 2N3055.
      Oder Dual CV 120, ebenfalls quasi-komplementär hat nur 0,05 % TIM bei 10 W an 4 Ohm und 0,1 % TIM bei 38 W / 4 Ohm.

      0,1 % TIM erreicht jetzt die Citation 12, so wie sie jetzt modifiziert ist, in einem Kanal bei 30 W auch (der andere ist bei 30 W und darüber schlechter), allerdings an 8 Ohm - das ist eine einfachere Bedingung.

      Im Werkszustand muss die Citation 12 besser sein. Das "Problem", was mich hier beschäftigt, ergibt sich erst durch die nötig gewordene Zusatz-Kapazität, die die Anstiegsrate von 7,5 V/µs auf 5,2 V/µs verschlechtert. Korrelation von TIM mit der Anstiegsgeschwindigkeit bei der Citation 12 hatte ich gezeigt. Das ist das Problem, - nicht die Höhe der TIM-Verzerrungen der Citation 12 im Werkszustand oder generell. Für die habe ich leider keine harten Daten gefunden , nehme aber stark an, dass die bei ca.0,05 % oder besser für 30 W / 8 Ohm liegen wird. Daran hätte ich nichts auszusetzen und würde keine Minute mehr darauf verschwenden.

      Zur Verdeutlichung:
      Mit C5 = 850 pF ist TIM bei 30 W schon heftig, 1-2 % (zu Anfang gewählte Zusatz-Kompensation mit 850 pF gegen Schwingen), Anstiegsrate ca. 3 V / µs
      Mit C5 = 370 pF ist TIM bei 30 W nur noch 0,1-0,2 % (optimierte, letztendlich gewählte Zusatz-Kompensation mit 370 pF gegen Schwingen), Anstiegsrate ca. 5 V / µs. Aber bei 40 W bereits 0,5 - 1 %, bei 50 W 1-2 %.

      Werkszustand:
      Anstiegsrate wenigstens 7,5 V / µs oder größer. Dafür würde ich TIM < 0,1 % bei 30 W erwarten, was ja i.O. wäre.

      Gruß
      Reinhard



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      Ja, das ist einleuchtend. An der Eingangsstufe kann es aber kaum liegen, die ist schnell genug. Eher schon an zu kleinen Strömen, oder ? Klar, es ist etwas viel, aber Stabilität ist ja nun mal nötig. Und das Ding ist ja mal irgendwann komplett abgeraucht, sonst wären die Ersatztransistoren nicht drin.

      Besten Gruss,

      Michael

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      Eingangsstufe aus dem Schneider?
      Immer mehr komme ich zur Überzeugung, dass gerade sie ursächlich für die Schwingung ist. Roger war vorher schon nahe dran. Es liegt vermutlich an den Strömen in der Differenzstufe. Und zwar sind sie nicht etwa zu klein, sondern in diesem Fall zu groß und lösen dadurch die Schwingung aus.

      Erst mal Simulation:
      Ich stelle in der Simulation durch einen kapazitiven Stimulus am Endstufenausgang von 80 nF unter Umgehung des LR-Glieds (das sonst der Schwingung zu stark entgegenwirkt) die HF-Schwingung her.
      Keine Zusatzkapazität C5 am Kollektor von Q703.

      Fall 1:
      Eingangs-Differenzstufe mit R705 = 12 kOhm und R709 mit 390 Ohm, wie von Harman Kardon original vorgesehen.
      Die Kollektorströme der beiden Transistoren des Differenz-Paares betragen damit jeweils 1.5 mA.

      Eingangs-Signal 10 kHz Sinus, Amplitude schrittweise variiert: 0,1 V, 0,2 V, 0,3 V (eff)
      Es wird das Signal am Endstufenausgang (an 8 Ohm) beobachtet.

      Bei 0,3 Veff setzt plötzlich die Schwingung ein:



      Fall 2:
      Wie Fall 1, aber R705 = 22 kOhm und R709 mit 680 Ohm.
      Die Kollektorströme der beiden Transistoren des Differenz-Paares betragen damit jeweils 0,90 mA.

      Es setzt keine Schwingung mehr ein.

      a) wieder Eingangs-Amplitude schrittweise variiert: 0,1 V, 0,2 V, 0,3 V (eff)


      b) Eingangs-Amplitude höher, schrittweise variiert: 0,5 V, 1 V, 2 V (eff)



      Damit scheint die Schwingungs-Ursache beseitigt.
      Und es könnte auf die Zusatzkapazität vermutlich ganz verzichtet werden und das noch störende "TIM-Verzerrungs-Problem" durch die bisher noch nötige Zusatzkapazität wäre damit gelöst.

      Ich denke, das ist noch einen Versuch wert - nur die beiden Widerstände in der Differenzstufe sind dafür zu ersetzen.

      Gruß
      Reinhard

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      Das schöne Ergebnis der Simulation wird von der Praxis in diesem Fall nicht gehalten. Einen Versuch war es trotzdem wert.
      Also wohl doch nicht die Eingangsstufe, die man bezichtigen kann.

      Zwar scheint es mit 22 k / 680R eine leichte Verbesserung zu geben, aber der C5 in der Größenordnung von 270 pF bis 330 pF war immer noch erforderlich, um Schwingfreiheit zu gewährleisten. Das war nicht der Quantensprung, um diese Änderung einzuführen. Ich habe wieder auf die Harman-Kardon Originalbestückung 12 k / 390R zurückgebaut und zusätzlich C5 auf 330 pF + 68 pF (parallel), also auf 400 pF vergrössert. Das verbessert die Sicherheit, dass die Endstufe unter allen Betriebsbedingungen ohne Schwingung bleibt. Ist auch in Michael's Sinn. TIM (DIM-100) ist auch damit noch im Bereich geblieben, den ich vorher bereits mit 370 pF gemessen hatte. Die Werte mit C5 = 400 pF gegen Ausgangsleistung zeige ich noch.

      Die Wirkung von hohen TIM-Verzerrungen (das meint grösser als 0,5 % DIM-100) äussert sich - wie auch statische Intermodulationsverzerrungen das tun - in einer weniger transparenten, eher mulmigeren Wiedergabe. Davon sind - wenn man das überhaupt hören kann - vorwiegend die Höhen betroffen. Unterhalb von 30 W / 8 Ohm Ausgangsleistung braucht man das aber nicht zu befürchten, > 0,5 % TIM kann in diesem Fall nur im oberen Leistungsbereich auftreten. Ob man es dort aber wirklich noch hört, ist fraglich, denn über 30 W (pro Kanal) ist bannig, bannig laut.

      Jetzt mache ich erstmal eine Pause. Sandmännchen ruft!

      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

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      Hallo Reinhard,
      ich sage nur "TOP" Analyse und Dokumentation. So gefällt mir das. Ich bin sicher, du findest die Lösung. Das was du an der SIM machst, mache ich zu 95% mit dem Lötkolben und Meßgeräten. Ich hab jetzt aber auch auf LT spice eine offsetregelung für meine 340W Stufe simuliert. Am PC siehts gut aus. Mal sehn, was die Praxis sagt. Der Hintergrund ist der, das ich auf den dicken BipolarKondesator mit 100-200uf verzichten kann. Viel Erfolg mit der HK-Stufe. Ich verfolge das sehr interessiert.
      Gruss Roger

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      Besten Dank für alle Aktionen ! Nun kommt noch die Frage, ob evtl. doch die alten Widerstände etc. eine Rolle spielen können ? Weil deren Werte aber alle noch gut waren, kann ich mir das auch nicht vorstellen. Vielleicht muss man einfach mit dem jetztigen Stand zufrieden sein. Es soll ja nicht in Serie gehen ...

      Besten Gruss,

      Michael

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      Alles kann man nicht simulieren!

      Es gibt schon gewisse Unterschiede zwischen idealer Betrachtung und Praxis.
      Ich simuliere häufig mit Streuparametern S2P, also nicht SPICE.
      Die taugen nur für Hochfrequenz, dafür bis ernsthaft GHz.
      Abgesehen von Exemplarstreuungen bei Halbleitern sind die Simulationen nahe an der Realität.
      Ärger gibt es gern mal mit parasitären Induktivitäten und Dämpfungen, bzw. Güten.
      Das liegt aber nicht am Simulator, Parasitärelemente muss der Entwickler selbst berücksichtigen.
      Beliebtes Fettnäpfchen, Bauteilbeinchen (Induktivität) als ideal mit Länge 0 betrachten.

      Etwas anders ist es bei SPICE, eher nicht für ernsthaft Hochfrequenz gedacht.
      Man kann aus SPICE-Modellen Streuparameter S2P gewinnen.
      Den Spaß machte ich mir, verglich die selbst gewonnen mit S2P vom Hersteller.
      So etwa ab 100 MHz merkte man langsam Unterschiede, anfangs eher Nuancen.
      Das gilt nicht allgemein, bei manchen SPICE-Modellen wird HF ernsthaft berücksichtigt.

      Roger schrieb was von Unterschieden bei Probeaufbau und später fertig geätzter Platine.
      Das werden die Parasitärgeschichten sein, die ich zuvor ansprach.
      Je nach Aufbau handelt man sich ernsthaft Leiterbahninduktivitäten und auch Kapazitäten ein.
      Nicht ohne Grund liest man von Problemen bei Probeschaltungen in Steckboards.
      Da wird es meist noch wilder, gerade bei unnötig langen Jumperdrähten.

      Modell ist nicht gleich Modell!
      Wir hatten hier mal das Problem, müsste der Timer 555 gewesen sein.
      Reinhard untersuchte das näher, besorgte verschiedene Modelle und verglich sie.
      Optimal war keines, jedoch je nach Aufgabenstellung besser oder schlechter geeignet.
      Weiß und bedenkt man das, gilt nicht nur für 555, sind recht praxisnahe Simulationen möglich.

      Andreas
      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com

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      Das Problem ist ja nun behoben, wenn auch eine relativ brutale Massnahme (letztlich 400 pF plus einige weitere Sekundärmassnahmen) zur Stabilisierung nötig war.




      Rückschau dazu:

      Alle Widerstände habe ich durchgemessen, Michael hatte es vor mir schon gemacht. Vorsichtshalber habe ich in einem Kanal die beiden 10 (11) Ohm Widerstände ersetzt, dabei auch die Spule geprüft. Inzwischen sind in beiden Kanälen die Widerstände in der Differenzstufe ebenfalls neu. Alle Widerstände sind von guter Qualität, ohne Zeichen von Überlastung. Es ist sehr selten, dass man mal einen "faulen" Widerstand findet, dem man es nicht ansieht. In diesem Fall haben beide Kanäle das gleiche Problem (gehabt), rechter Kanal ein wenig mehr als linker Kanal - aber Symptome gleich, Schwingen gleich...das spricht gegen ein defektes Bauteil, zumal inzwischen jedes einzelne schon mehrfach angesehen und gemessen wurde.
      Im linken Kanal waren zudem die Treibertransistoren noch original, nur Differenzstufe, Vortreiber und Endtransistoren waren ersetzt. An der Differenzstufe haben wir Verschiedenes probiert, langsame Transistoren (MPSA56) und schnelle (BC556B), verschiedene Kollektorströme...ohne wesentliche Änderung. An der Vortreiberstufe wurde der Transistor getauscht, 2N3440, 2N3019, 2N5320...ohne Änderung, VBE-/Ruhestromtransistor getauscht 2SC1775 und 2SC2240...ohne Änderung. Die Endtransistoren MJ15003 hatte ich gegen andere dieses Typs und auch gegen MJ21196 getauscht...keine Änderung.



      1. Es betrifft beide Kanäle grundsätzlich in gleicher Weise
      2. Tausch von Bauteilen (Transistoren, Widerstände) bringen keine Änderung
      3. Einsatz von Zusatzkapazität am jeweiligen Vortreiber-Transistor beendet das Schwingen in jedem der beiden Kanäle.

      Ich bin jetzt an dem Punkt angelangt:
      Wenn ein Fehler an einem Verstärker in beiden Kanälen gleich auftritt, dann würde man an eine Ursache in einem Schaltungsteil suchen, das beiden Kanälen gemein ist. Normalerweise sieht man sich dann das gemeinsame Netzteil an. Oft fehlt z.B. eine Spannung oder ist verbrummt.

      Diese Endstufe ist "streng" in Doppel-Mono aufgebaut, jeder Kanal hat seinen eigenen Trafo, Gleichrichter, Siebung. Und trotzdem gibt (gab) es das Symptom "schwingt" in beiden Kanälen in gleicher Weise und ähnlicher (nicht genau gleicher) Intensität.



      Was ist teilen sich beiden Kanälen gemeinsam, und was daran war ursprünglich ab Werk mal anders?
      Nur dies: Der Umbau auf 3-polige Netzleitung mit Schuko-Stecker und der damit erforderliche Schutzerde-Anschluss an Chassis-Masse (hatte ich vorher in diesem Thread bereits kurz angesprochen).

      Das ist, sofern vorschriftsmässig und fachmännisch ausgeführt, unbedenklich. So, wie das hier gemacht ist, sehe ich keinen Grund für eine Beanstandung. Wenn ein angeschlossener Vorverstärker oder Receiver ebenfalls Schutzkontaktstecker hat, kann es allerdings damit zu einer Masse-/Brummschleife kommen, die bei nur zweipoliger Netzleitung des Originalzustands nicht auftreten kann.

      Der Signal-GND ist original vom Chassis-GND, an dem auch die Trafo-Schirmungen beider Trafos liegen, werksseitig einseitig (nur in einem Kanal) über einen 10 Ohm Widerstand entkoppelt. Daher sind auf diesem Weg die jeweiligen Signal-GND beider Kanäle über diesen Widerstand voneinander entkoppelt, damit dadurch ggf. eine sonst bestehende Masse-/Brummschleife entschärft wird.

      Nach dem "Schuko-Umbau" wurde zusätzlich auch der Signal-GND des zweiten Kanal durch einen Widerstand entkoppelt. Die Entkopplung zwischen den Signal-GND beider Kanäle voneinander beträgt also nun 20 Ohm und zum Chassis-GND jeweils (symmetrisch) 10 Ohm für jeden Kanal. Am resultierenden Fremdspannungsabstand (vor allem 100 Hz) gibt es im Vergleich zu den Daten im Originalzustand nichts Auffälliges auszusetzen (nur eine leichte Erhöhung des 100 Hz-Störpegels von bis 3-4 dB geht auf das Konto der schon etwas müden großen Siebelkos).

      Was ist nun dadurch genau anders?
      Im jetzigen Zustand hat Signal-GND jedes Kanals über 10 Ohm eine Verbindung zur Schutzerde (PE).
      (Nachträglich habe ich jedem der beiden 10 Ohm-Widerstände noch eine 100 nF Kapazität parallel geschaltet, um die Impedanz für Abführung von RFI zu verringern, dies hat auf die "Schwingsymptomatik", die auch ohne diese bestand, keinen Einfluß.)

      Dies ist die jetzige Verschaltung:

      M.E. ist daran wenig auszusetzen und ist bis auf den zusätzlichen Schutzleiteranschluss am Chassis-GND von der Original-Verschaltung nicht wesentlich verschieden.
      Die GND-Anschlüsse an Chassis und Schutzleiter und die Masseverbindungen selbst haben gemessen alle < 1 Ohm Widerstand.
      Eingangs-Signal-GND und Ausgangs-Signal-GND jeder Endstufe sind miteinander verbunden.


      (Foto noch vor der Änderung des zweiten Widerstands auf 10 Ohm (links, damals noch 2,2 Ohm)

      Letzter Zustand:
      Beide Widerstände zwischen Signal-GND und Chassis-GND sind 10 Ohm, parallel jeweils 100 nF:



      Ist der Auslöser der Schwingproblematik etwa der neue Schutzleiter-Anschluß?
      Spontan würde man das wahrscheinlich verneinen. Was soll der Schutzleiteranschluss mit der HF-Schwingung der Endstufen zu tun haben?
      Etwas ins Grübeln bringt einen dann allerdings das Harman Kardon Service Bulletin No. 141:



      Im hier vorliegenden Fall schwingt die Endstufe (mit Schutzleiteranschluss) allerdings auch, wenn der Signalgenerator am Eingang einen isolierten GND hat (und auch keinen Schutzleiteranschluss), also KEIN gemeinsamer Ground von LS-Ausgang und Signal-Eingang existiert. Allerdings ist der Signal-Eingangs-GND des Messgeräts, das über einen Spannungsteiler an den 8 Ohm Lastwiderstand angeschlossen ist, über 1 kOhm entkoppelt auf Schutzleiter-Potential. Diese starke Entkopplung hat bisher in allen sonstigen Fällen dazu gesorgt, dass eine Masseschleife hinreichend vermieden wurde und müsste eigentlich auch hier genügen.

      Selbst bei Verwendung eines Sinusgenerators mit isoliertem Signal-GND und OHNE angeschlossenes Messgerät, stattdessen mit Oszilloskop am heissen LS-Ausgang (an den nur die 8 Ohm Last angeschlossen ist), und ohne dass die Masseklemme des Oszi-Tastkopfes angeschlossen wird, zeigt das Oszilloskop Schwingung der Endstufe (bevor die Zusatz-Kapazitäten als Gegenmassnahmen eingebracht wurden). Würde denn die verbleibende geringe kapazitive Kopplung innerhalb des Oszilloskops genügen, um einen Zustand ähnlich zu "Common GND" zwischen Verstärker-Ein- und Ausgang zu erzeugen und damit Schwingung, wie im HK Service Bulletin beschrieben?

      Vielleicht ist die Darstellung im HK-Service Bulletin No. 141 noch nicht die ganze Wahrheit?
      Dort ist von "certain conditions" (Plural) die Rede. Näher beschrieben ist darin aber nur eine.
      Lag vielleicht "common ground", von dem im Bulletin 141 die Rede ist (Umschaltpulte für Verstärker und Lautsprecher in Geschäften), auch noch zusätzlich an Schutzerde?

      Es bleiben also noch Fragen offen. Insbesondere ist die Schwingungsursache nicht aufgeklärt, auch wenn sie sich mit den ergriffenen Massnahmen inzwischen nicht mehr auswirkt.

      Jetzt "Deckel drauf"!




      Gruß
      Reinhard

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      Eine Information hatte ich noch versprochen:
      Wie hoch sind nach den Massnahmen gegen das die HF-Schwingung, die TIM-Verzerrungen (dynamische Intermodulationsverzerrungen) für den endgültigen Status dieser Citation 12 Leistungsendstufe?

      Endgültiger Status meint:
      • 150 pF Miller-Kapazität (zwischen Basis und Kollektor) des VAS-/Vortreiber-Transistors Q703 (Q704), dies ist bereits ab Werk so ausgeführt
      • 400 pF Zusatz-Kapazität (330 pF + parallel 68 pF, beide Keramik, mind. 100 V) vom Kollektor des VAS-/Vortreiber-Transistors zur negativen Betriebsspannung Ub neg.; zur "Entschwingung" ergänzt
      • 1 nF Parallel-Kapazität (Keramik, 100 V) über (parallel zu) dem 3,9 kOhm Widerstand R719 (R720), zur "Entschwingung" ergänzt
      • 100 pF Parallel-Kapazität (Keramik, NP0) direkt über (parallel zu) der Doppeldiode CR5 (CR6) zur "Entschwingung" ergänzt
      • Endtransistoren alle MJ15003 (ON-Semiconductors)
      • Differenzeingangspaar: BC556B / BC556B, Paar selektiert auf gleiche Vf
      • R705 (R706) = 12 kOhm, R709 (R710) = 390 Ohm
      • Vortreiber- / VAS Transistor Q703 (Q704) = 2N5320
      • Treibertransistoren: 2n5320 / RCA 40595 sowie RCA 40594 / RCA 40595
      • VBE- / Ruhestromtransistor: 2SC1775
      • 10 Ohm // mit 100 nF Kerko parallel, zwischen Signal-Masse und Chassis-GND bei beiden Kanälen
      • Schutzleiter angeschlossen an Chassis-GND, 3-adriges Netzkabel mit Schuko-Stecker (nicht neu angebracht, war so schon vorhanden)
      • fest eingelötete 5 A flink Schmelzsicherung (US-Format) im Endstufenausgang, statt des fehlenden Überstrom-Circuit-Breakers im Ausgang

      TIM-Verzerrungen (DIM-100) für beide Kanäle in einer Graphik:


      TIM wurde mit der Mess-Software ARTA gemessen, BW = 95 kHz.
      Die Leistung an 8,2 Ohm wurde aus der mit einem True-RMS AC-Voltmeter bestimmten Effektivspannung berechnet.

      Beide Kanäle stimmen hinreichend gut überein.
      Erst oberhalb von 30 W kommt TIM in eine Grösse (0,5 % und darüber), die i.A. als u.U. hörbar angenommen wird.


      In der Publikation

      E. Leinonen, Matti Ottala und John Curl, "A Method of Measuring Transient Intermodulation Distortion (TIM), Journal of the Audio Engieneering Society, April 1977, Vol. 25, No. 4, Seiten 170-177"

      werden TIM-Verzerrungen von Leistungsverstärkern aus den frühen 1970iger Jahren gezeigt (ohne Zuordnung zum bestimmten Modell, die gemessenen Modelle sind aber genannt). Mehrere dieser Verstärker haben bei über 20 W Ausgangsleistung TIM-Verzerrungen im Bereich von grösser als 0,3 %, einige bis 1 % oder auch darüber.

      Ich habe diese Citation 12 in meine "Sammlung von TIM-Verzerrungen bei 10 W" aufgenommen. Citation 12 abweichend bei 8 Ohm Last gemessen. Vom Alter her reiht sich diese Endstufe bezüglich der typischen TIM-Werte gut ein. Moderne Verstärker weisen diese Verzerrungen praktisch nicht mehr auf. Man findet sie so gut wie nicht in den Technischen Daten und auch meist nicht in Testberichten.




      Gruß
      Reinhard

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      Saubere Analyse, und aus meiner Sicht vollständig (bezogen auf das Alter) --- besser wird die Endstufe nie gewesen sein. Die Erdung des Chassis ist aus meiner Sicht absolut notwendig, schon aus Sicherheitsgründen, denn der originale Aufbau entspricht nicht mehr den heutigen Bestimmungen. Das war auch schon gemacht, als ich sie bekam, ich habe da lediglich eine gescheit Zugentlastung nachgerüstet. Man wundert sich immer, was zuweilen so eingebaut wird oder auch weggelassen wird ... das war hier abenteuerlich.

      Die Elkos sind schon etwas alt, aber ein Ersatz ist teuer und kostspielig, das sollte man m.E. nur machen, wenn einem die Endstufe im aktuellen Zustand gut genug gefällt, sonst lieber nicht. Oder jedenfalls kann man sich die Zeit lassen, abzuwarten, ob man ein Satz passender Elkos hinreichend günstig angeboten wird.

      Tausend Dank an Reinhard --- das war wieder einmal eine echte Demonstration ! Der Besitzer wird sich freuen, und das hoffentlich zu schätzen wissen !

      Besten Gruss,

      Michael

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      Alles klar, Michael - die Endstufe bleibt jetzt so, wie sie ist.


      Trotzdem noch nachzutragen:

      Inzwischen bin ich Schwingen der Citation 12 in amerikanischen und englischen Foren nachgegangen.
      Dort wird diese Information verbreitet:

      Die originalen RCA 4216 Endtransitoren sind im hometaxial-Verfahren hergestellt, 15 A, 115 W, 95 V VCE, und sind SEHR LANGSAM mit fT von nur 0,8 MHz.
      Inzwischen werden alle neueren TO-3 Leistungstransistoren nur noch epitaxial gefertigt und haben deshalb fT von 2-4 MHz, selbst 2N3055, 2N3055H, MJ15001 und MJ15003, MJ15015 usw.
      Nur bei den ganz alten MJ2N3055H stand das H für "hometaxial" = 0,8 MHz. Die neueren 2N3055H, die man heute bekommt, sind bereits epitaxial gefertigt.
      Bereits dieser Unterschied würde ausreichen, um Schwingen bei der Citation 12 Endstufe auslösen zu können. 2N3055(H) sind allerdings auch hier nicht spannungsfest genug.

      Es heisst dass RCA seinerzeit auf hohe Spannungsfestigkeit besonders selektierte, noch im alten hometaxial-Verfahren von Motorola hergestellte 2N3055, auf RCA4216 (und RCA 1B01, RCA 40636) umgelabelt hätte oder von Motorola unter diesen Typnummern "customized" bezogen hätte.

      Dazu würde meine Beobachtung passen, dass ich auch mit MJ21196 das gleiche Schwingen in dieser Endstufe hatte wie mit MJ15003. Die MJ21196 haben eine fT = 4 MHz.

      Um dieses Problem zu umgehen, sollte als korrekter Ersatz der RCA 4216 Endtransistoren gewählt werden:
      RCA 1B01 (VCE = 95 V, ft = 0,8 MHz)
      Die sind so gut wie nicht mehr zu bekommen.
      Deren Ersatz / baugleich sind wiederum RCA
      40636, die inzwischen aber auch nicht mehr erhältlich sind.

      Vielleicht wären noch BD317 noch möglich (VCE = 100 V, fT = 1 MHz). Ist aber nicht sicher. Bei dem auch leicht zum Schwingen zu bringenden Dual CV 1600 Verstärker waren BD 317 ähnlich schwingfreudig wie MJ15003, wie Christian hier mal berichtete (Dual CV1600 Endstufe schwingt). Die Gefahr bei BD317 ist eben auch, dass sie inzwischen aus neuerem Prozess stammen und tatsächlich jetzt höhere Transitfrequenz als 1 MHz haben.

      Viel Auswahl bei so niedriger Transitfrequenz und der geforderten Spannungsfestigkeit gibt es nicht.

      Es gibt auch Vorschläge, Ersatztransistoren, wie MJ15003 durch einen Basisvorwiderstand (z.B. 100 Ohm) langsamer zu machen. Spezifische Erfahrungsberichte dazu fehlen allerdings in den angelsächsischen Foren genauso wie zu "anderen Massnahmen gegen Schwingen".

      Vielleicht war der ausführliche Ausflug hier deshalb für später noch Ratsuchende nützlich.

      Gruß
      Reinhard

      Dieser Beitrag wurde bereits 6 mal editiert, zuletzt von „oldiefan“ ()

      Neu

      Absolut --- das kann alles sehr gut sein. Der MJ 15003 ist ja eigentlich auch recht gemütlich, aber hier schon eher zu schnell ... interessant. Die alten sind praktisch nicht mehr zu bekommen, wie Du sagst --- und selbst wenn: Sie sind nicht robust genug in dieser Endstufe, schon gar nicht bei erhöhter Spannung. Hat man 240 V Trafos, die dann an 230 angeschlossen sind, mag es noch gehen. Aber ich bin mir relativ sicher, dass die wenigsten dieser Endstufen noch die originalen Ausgangstransistoren drin haben.

      Mein Eindruck ist, dass man jetzt alles besser so lässt ...

      Besten Gruss, und vielen Dank für Deine Recherchen,

      Michael

      Neu

      Reinhard, der "Ausflug für Ratsuchende" wird mit Sicherheit gelesen!

      Manchmal schaue ich mir bei Neuanmeldungen an, wofür die sich interessieren.
      Immer wieder sind Eintagsfliegen dabe, melden sich manchmal mit Wegwerfadressen an.
      SABA interessiert die meist nicht, picken sich spezielle Themen heraus wie das hier.
      Erklärung dürfte sein, als Gast kommen die nicht an Bilder, Schaltplanausschnitte, etc.

      Andreas
      Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com

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      oldiefan schrieb:

      Die originalen RCA 4216 Endtransitoren sind im hometaxial-Verfahren hergestellt, 15 A, 115 W, 95 V VCE, und sind SEHR LANGSAM mit fT von nur 0,8 MHz.
      Inzwischen werden alle neueren TO-3 Leistungstransistoren nur noch epitaxial gefertigt und haben deshalb fT von 2-4 MHz, selbst 2N3055, 2N3055H, MJ15001 und MJ15003, MJ15015 usw.
      Nur bei den ganz alten MJ2N3055H stand das H für "hometaxial" = 0,8 MHz. Die neueren 2N3055H, die man heute bekommt, sind bereits epitaxial gefertigt.
      Bereits dieser Unterschied würde ausreichen, um Schwingen bei der Citation 12 Endstufe auslösen zu können. 2N3055(H) sind allerdings auch hier nicht spannungsfest genug.

      Hallo Reinhard,
      ich bin auch der Meinung, dass das der Hauptgrund ist. Wenn man eigene Konstruktionen hat, merkt man das.
      Gruss Roger

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      kugel-balu schrieb:

      --- besser wird die Endstufe nie gewesen sein


      Lange habe ich nach unabhängigen zeitgenössischen Testberichten zu Intermodulationsverzerrungen der Citation 12 Endstufe (Neugerät)gesucht - und schliesslich gefunden!
      Es handelt sich zwar dort um Messungen der statischen Intermodulationsverzerrungen 50 Hz : 6 kHz 4:1, also ähnlich zu der von mir bei der statischen Messung verwendeten DIN-Methode, ein Bericht in französischer Sprache (vom Februar 1972), ein weiterer in Englisch.

      In vielen Fällen korrelieren statische Intermodulationswerte mit den dynamischen, so wie auch THD bei 20 kHz mit dynamischen IM-Verzerrungen korreliert. "Korrelieren" meint, dass hohe statische IM-Verzerrungen in der Praxis meist auch mit hohen dynamische IM-Verzerrungen vergesellschaftet sind (und umgekehrt), nicht aber, dass sie von der Grösse her unbedingt gleich sind.

      In einem der Testberichte (in Französisch) wird für die Ausgangsleistung von 30 W < 0,1 % und bei 40 W / 8 Ohm sogar ein Wert von 0,5 % - 0,6 % IMD angegeben.
      Das von Michael revidierte und hier von mir noch nachträglich angepasste Exemplar bringt es bei 30 W dagegen auf nur 0,06 - 0,07 % IMD (nach DIN: 250 Hz : 8 kHz, 4:1), was wiederum mit dem IMD-Messwert (roter Punkt) des anderen Berichts von Hirsch-Houk Labs, Electronics World, März 1971 (60 Hz : 7 kHz, 4:1) IMD = 0,075 % sehr gut übereinstimmt.



      Hirsch-Houk Labs, 1971:


      Auch die am hier vorliegenden Gerät gemessenen THD-Werte von 0,007 - 0,012 % im Bereich von 1-30 W stimmen gut mit den damaligen Messungen von Hirsch-Houk überein.

      Das beruhigt mich in sofern, dass ich ein Gerät zurückgeben kann, dass technisch und damit sehr wahrscheinlich auch klangmässig auf einem ähnlichen Stand ist wie seinerzeit als Neugerät.

      Gruß
      Reinhard

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      Prima -- ich hatte da zu keinem Zeitpunkt Zweifel dran. Wenn man die Tests liest, wird dieser Endstufe meist ein gewisser Hang zu einem harten Klangbild nachgesagt, was m.E. mit den vorhandenen Verzerrungen gut erklärt werden kann.

      Auch findet man an einigen Stellen den Hinweis, dass 2N3773 ein guter Ersatz für die Ausgangstransistoren sei. Die sind auch eher gemütlich, obwohl die aktuellen Exemplare auch schon 3...4 MHz erreichen (und vermutlich schneller sind als ältere Ausführungen).

      Besten Gruss,

      Michael
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